Umgang mit Suizidhilfe

Erste Gesetzesentwürfe werden vorgestellt

Seit Monaten schon wird in Deutschland die Sterbehilfe diskutiert. Genau genommen der begleitete Suizid, bei dem die Tatherrschaft beim Sterbewilligen liegt. Bisher war der Suizid selber straffrei, infolge dessen auch die Beihilfe dazu. Ärzte bewegen sich dennoch in einer „grauzone“, da „Pflicht zur ersten Hilfe“, „Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz“ und „Ausschluss aus der Ärztekammer“ drohen könnten. Diese Gefahren kann der Arzt zwar umgehen, wie man an einigen populären Fällen in Deutschland sieht, aber er muss dazu einigen Aufwand betreiben. Hinzu kommt, dass der leidende Patient heimlich vorgehen muss, um selbstbestimmt in den Tod gehen zu können.

Diese „Grauzone“ kann sich nun ändern. Die Gesetzesentwürfe reichen von einem Verbot bis hin zur Liberalisierung der Sterbehilfe in Deutschland. Tendenzen im Bundestag gehen im Moment in Richtung eines faktischen Verbots (siehe Schlusswort), wo sogar der letzte Ausweg ins Ausland verbaut wäre. 

Totalverbot – eine Forderung von Patrick Sensburg und Thomas Dörflinger (CDU)

Ihr Gesetzentwurf sieht eine Strafe von bis zu 5 Jahren für die Anstiftung zur Selbsttötung vor. Dies würde auch für Ärzte oder nahe Angehörige gelten.

Ein Totalverbot widerspricht nicht nur dem Recht auf Selbstbestimmung sondern ist auch ethisch nicht zu rechtfertigen. Einen lebensmüden Menschen weiter leiden zu lassen ist in meinen Augen nicht sonderlich barmherzig. Ich frage mich welches Recht hier geschützt werden soll? Es gibt viele Bedenken bei dem Thema rund rum die Sterbehilfe. Aber meiner Meinung nach geht man nicht an der Kern sondern stürzt sich rein auf die Symptome. Will man tatsächlich den Suizid und die Beihilfe unter Strafe stellen und kranken, leidenden Menschen, die für sich den Tod als Erlösung sehen, das letzte nehmen was sie noch haben – nämlich ihr Selbstbestimmungsrecht? Jeder empfindet anders und keiner sollte über den anderen entscheiden dürfen. Fast 80% der deutschen Bevölkerung sieht das genauso und möchte sich diesen letzten Ausweg, den Notausgang, der auch beruhigen kann, offenhalten. Wieso wird der Wille der Bevölkerung in der politischen Diskussion nicht beachtet? Sollten Politiker nicht das Volk vertreten?

Liberaliesung – ein Vorschlag von Abgeordneten der Linken und Grünen

Eine Liberalisierung der Beihilfe zum Suizid fordert eine Gruppe um Petra Sitte (Linke), Kai Gehring und Renate Künast (beide Grüne). Laut Informationen der „Welt“ sieht ihr Gesetzentwurf vor, dass die Suizidhilfe grundsätzlich straflos bleibe, „sofern sie einer erwachsenen, freiverantwortlich handelnden Person nach eingehender Beratung geleistet wird. Bestehende rechtliche Unsicherheiten für Ärzte sollen beseitigt und für die organisierte Suizidhilfe durch Sterbehilfevereine klare Verfahrensregeln festgelegt werden.“ (Quelle: www.welt.de)

Dieser Gesetzesentwurf käme den Bedingungen in der Schweiz am Nächsten. In anbetracht der Tatsache, dass wir in unserer Gesellschaft zu einem selbstbestimmten Menschen erzogen werden und auch die Selbstbestimmung ein Grundrecht aller ist, wäre die Liberalisierung der Suizidhilfe der richtige Schritt. Immer wieder wird bei Gegnern mit sozialen Druck argumentiert, der entstehen würde, wenn die Suizidbeihilfe liberalisiert würde. Dieses Thema darf man sehr wohl ansprechen, wie auch andere Bedenken äussern, dennoch muss man hier an die eigentlichen Ursachen gehen anstatt etwas zu verbieten, was Menschen in ausweglosen Situationen dann eben anders lösen. Nämlich den Suizid durch Erhängen, Erschiessen, vor den Zug werfen oder von der Brücke stürzen. Diese furchtbaren Möglichkeiten eines Suizids werden viel zu häufig genutzt, sind ein Schock für die Hinterbliebenen und belasten viele unschuldige Menschen, wie den Lokführer oder Passanten. Reglementierte und kontrollierte Suizidbeihilfe kann dem entgegenwirken, kann auffangen und gibt Angehörigen die Möglichkeit sich im guten und bewusst zu verabschieden.

Auch eine vierte Gruppe um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) sowie die beiden SPD-Fraktionsvizes Carola Reimann und Karl Lauterbach wollen scheinbar Ärzten explizit die Assistenz bei der Selbsttötung erlauben. Bedingung soll sein, dass der Patient eine aussichtslose, tödliche Krankheit mit schwerem Leiden hat und umfassend beraten wurde. Die genaue Ausarbeitung ist aber noch offen und wird in den kommenden Tage vorgelegt.

Bestrafung von wiederholten Suizidbeihilfen

Eine dritte Gruppe um Michael Brand (CDU), Kerstin Griese und Eva Högl (beide SPD), Elisabeth Scharfenberg und Harald Terpe (beide Grüne) sowie Kathrin Vogler und Halina Wawzyniak (beide Linke) wollen einen Gesetzesentwurf vorlegen, der die wiederholte Suizidhilfe bestraft. Laut ihrem Entwurf  „wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt“.

Dies würde bedeutet, dass ganz gleich ob kommerziell oder nicht, regelmässig handelnde Ärzte und Sterbebegleiter bestraft würden. Die Beihilfe wäre zwar grundsätzlich erlaubt, aber müsste streng genommen, jedes mal von jemand anderen umgesetzt werden bzw. es würde einer richterlichen Prüfung bedürfen, ab wann eine Regelmässigkeit vorläge. Meiner Meinung nach, würde damit eine Suizidhilfe von erfahrenen Ärzten und Sterbebegleitern, wie man sie aus der Schweiz kennt, komplett unterbunden. Ich wäre gezwungen mich als Sterbewilliger in die Hände von unerfahrenen Laien zu begeben. Denn auch der letzte Ausweg, die Fahrt in die Schweiz, wäre dann verboten.

Schlusswort

Zu meinen Bedauern scheint es, als würde sich dieser Gesetzentwurf, der faktisch einem Verbot gleich käme, im Bundestag bei der Schlussbestimmung im November durchzusetzen. Damit wäre schon eine Autofahrt in die Schweiz, wie ich sie meiner Mutter als ihren letzten Ausweg ermöglichte, eine Straftat. Zwar wäre ich als „nahestehende“ Person von dieser Strafe ausgenommen, aber alle anderen, Freunde, die in irgendeiner Form mitwirken, würden sich strafbar machen.

Eine perfide Vorstellung beschleicht mich: ein gesunder Mensch könnte sich von der Brücke stürzen, aber ein kranker, leidender Mensch, der wie meine Mutter vom Hals abwärts gelähmt ist, der rein gar nichts selber tun kann, dem wird der einzige Weg, den er für sich vielleicht als Erlösung sieht, verbaut. Und warum? Weil die angst vor dem Tod und das Thema Sterben in Deutschland keinen Platz haben darf. Leben um jeden Preis, selbst dann wenn es die betreffende Person einfach nicht mehr erträgt. Muss das sein? Sollte nicht jeder für sich selber entscheiden dürfen? Wären wir nicht alle froh, im äussersten Notfall diesen einen Notausgang zu haben?


QUELLEN & ANMERKUNGEN

Den kompletten Beitrag, auf den ich mich beziehe, können Sie hier nachlesen:  www.welt.de

Die farbigen bzw. kursiven Bereiche spiegeln meine persönliche Meinung wieder.