Sterbehilfe und wie Begrifflichkeiten von Medien und Politik in einen Topf geworfen werden

Da stellt es mir die Nackenhaare hoch, wenn ich die Medienberichte zum Thema Sterbehilfe lese. Da schreiben namhafte Medien, dass es bei der derzeitigen Debatte um die aktive Sterbehilfe ginge. Das ist aber falsch! Es geht nicht um die AKTIVE Sterbehilfe, sondern um die Beihilfe zum Suizid. Dies sind zwei gänzlich verschiedene Dinge. Absicht? Falsche Recherche? Was auch immer der Grund dafür ist, dass bei einem so sensiblen Thema Begriffe in einen Topf geworfen werden, es ist tragisch. Denn es verwirrt und hinterlässt beim Leser definitiv einen falschen Eindruck. Noch viel schlimmer: es schürt Ängste! Und dies tun in dem Rahmen dieser Debatte nicht nur die Medien. Allen voran sind es die Politiker, die zu wenig differenziert zu dem Thema Stellung beziehen. Auch hier, sogar in offiziellen Pressetexten, ein Zusammenwurf von aktiver und passiver Sterbehilfe sowie dem begleiteten Suizid.

Debatte um Sterbehilfe im Bundestag: begleiteter Suizid

Also, worum geht es in Deutschland? Es geht, wie in der Schweiz schon länger geregelt und erlaubt, um die Beihilfe zum Suizid. Das meint, dass der Mensch mit Sterbewunsch, selber das „Knöpfchen drückt“. Damit er dies tun darf, muss er bei vollem Bewusstsein sein, er hat im juristischen Sinn, die Tatherrschaft. Und dies ist wichtig. Nur dann ist es auch ein Suizid. Was die begleitenden Ärzte lediglich machen ist, ein Mittel zur Verfügung zu stellen, welches einen schmerzfreien und schnellen Tod ermöglicht. In Fällen, in denen die Person nicht mehr selbstständig ein Glas halten und trinken kann oder das „Knöpfchen“ nicht mehr drücken kann, wird zudem eine Apparatur zur Verfügung gestellt, mit der die betroffene Person das Mittel bspw. mit einer bewussten Kopfbewegung in Gang setzen kann.

Aktive Sterbehilfe

Aktive Sterbehilfe hingegen ist, wenn nicht der Suizident sondern der Arzt das Mittel spritzt. Also, wenn die Tatherrschaft ausserhalb liegt. In dem Fall beim Arzt. Dies ist auch in der Schweiz nicht zulässig und würde strafrechtlich verfolgt werden. Aktive Sterbehilfe ist ein heikles Thema und soll auch in Deutschland weiterhin verboten bleiben.

Begleiter Suizid und die derzeitige Gesetzeslage in Deutschland

In der Debatte um Sterbehilfe in Deutschland geht es um den begleiteten Suizid bzw. begleiten Freitod. Also darum, ob Ärzten in bestimmten Fällen erlaubt werden soll, Mittel zur Verfügung zu stellen, die dem Betroffenen helfen sanft und würdevoll einzuschlafen. Zwar wird behauptet, dies sei jetzt schon erlaubt, aber wenn man es genau betrachtet ist es eine Grauzone. Grau deshalb, weil es weder verboten noch erlaubt ist. Es gibt keine Regelung, die für Ärzte und Beteiligte Rechtssicherheit in ihrem Tun schafft. So drohen zum Beispiel die Ärztekammern in den meisten Bundesländern ihren Ärzten mit dem Ausschluss, was einem Berufsverbot gleich käme. Auch ist die Gesetzteslage so undurchsichtig, dass jeder Arzt, der einem sterbewilligen kranken Menschen zum Tod verhilft, indem er ihm ein Mittel für den Freitod zur Verfügung stellt, angst vor Strafverfolgung haben muss – bspw. wegen unterlassener Hilfeleistung.

Worum sollte es eigentlich in der Debatte gehen?

Immer wieder lese ich, dass es darum geht, ob Sterbehilfe in Deutschland zugelassen wird oder nicht. Ist das denn die wirklich vordergründige Frage? Sollte nicht eher die Fragestellung lauten, unter welchen Bedingungen könnte Sterbehilfe als begleiteter Freitod erlaubt werden?

Wie in der Schweiz müssen Regelungen her, die einen Missbrauch möglichst verhindern. Das Leben sollte immer an erster Stelle stehen. Aber sind wir mal ehrlich, gibt es nicht immer Fälle in denen ein Sterbewunsch nachvollziehbar ist? Fragt man die Bevölkerung, dann sind fast 80% für die Sterbehilfe als begleiteter Freitod. Natürlich darf mit einem Sterbewunsch nicht leichtfertig umgegangen werden. Wenn aber jemand Sterben will, so findet er auch heute schon Mittel und Wege dies zu tun. Warum also nicht einer mündigen Gesellschaft das Recht einräumen dies auf humanen Wegen und in kontrollierten Bedingungen zu tun?

Ich bin ganz klar für eine ähnliche Regelung wie in der Schweiz. Ich muss als Mensch das Recht haben unter gewissen Bedingungen meinem selbst empfundenen Leid ein Ende zu setzen. Es muss aber sichergestellt werden, dass dies nicht ausgenutzt werden kann und nicht zu leichtfertig genutzt wird. Und vor allem muss Leben jeglicher Art sozial geschätzt werden. Es ist teils ein Graus, welches Stigma Behinderte in unserer Gesellschaft erfahren. Dies hat aber nichts mit der Debatte um die Sterbehilfe zu tun, sondern mit der Dummheit einiger weniger. Gesetzte sollten aber nicht vor dem Hintergrund einiger weniger Dummer gemacht werden, sondern vor der Mehrheit. Und diese ist, wie auch in der Schweiz, intelligent genug, um mit dem Thema Sterbehilfe umzugehen.